Ev. Waldfriedhof Rangsdorf

Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort der Trauer, der Besinnung und der Stille,

 

sondern auch ein Ort der Begegnung mit alten Bekannten und Nachbarn, der Begegnung mit Traditionen, der Begegnung mit der Geschichte, des Gesprächs, der Natur, des Friedens, der Kultur und für diesen oder jenen Menschen der Begegnung mit Gott.

 

Rundgang

 
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Familie Ziedrich

Gasthaus Ziedrich
Gasthaus Ziedrich

Die Familie Ziedrich ist eine alteingesessene Großfamilie in Rangsdorf mit einer langen Geschichte. 

 

Carl Ziedrich errichtete im Jahr 1893 den Gaststättensaal am Alten Krug, der im Laufe der Jahre zu einem bedeutenden Treffpunkt wurde - ein Treffpunkt für Einheimische und Gäste gleichermaßen. 

 

Hermann Ziedrich (1875–1935), der noch zwei Brüder hatte, übernahm von seinem Vater Carl die Leitung der Gaststätte und des Hotels, das 24 Betten sowie zwei Kegelbahnen umfasste. Das Hotel bot eine Pension zu Preisen zwischen 1,50 und 2,50 Reichsmark an.

 

Sein Sohn Bernhard Ziedrich (1910–1975) führte die Geschäfte ab den frühen 1930er Jahren bis zur Schließung im Jahr 1970 weiter. Bernhard war ein Vereinsmensch. Er war Mitglied im Männer-Turn-Verein „Deutsche Eiche“, im Kegelverein Rangsdorf sowie im Eis-Yacht-Club Rangsdorf. Besonders bemerkenswert ist, dass Bernhard Ziedrich den zweiten in Deutschland hergestellten Eissegelschlitten besaß, der nach internationalen Normen gefertigt wurde (G 2 XV, Monotyp).

 

Hermann Ziedrich erhielt zudem eine Ehrenurkunde für seine Verdienste beim Aufbau des Schießstandes im Wald durch den am 4. Dezember 1926 gegründeten Kleinkaliber-Schützenverein Rangsdorf e.V.

 

Die Gaststätte war so alt wie Rangsdorf selbst: Bereits 1375 wurde sie als einziger Krug erwähnt – damals noch mit einer Abgabe von zwei Schillingen.  Auf einer alten Karte aus dem Jahr 1777 ist sie mit zwei Nebengebäuden als nördlichstes Gebäude innerhalb der Gemarkung Rangsdorf verzeichnet; andere Gehöfte auf der nördlichen Seite der heutigen Seebadallee lagen vermutlich bereits wüst. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Gaststätte Ziedrich zum festen Bestandteil des Ortes – bis sie nach langem Leerstand (seit 1970) und mehreren Besitzerwechseln schließlich im Jahr 1999 vom neuen Eigentümer Lutz Glendenberg abgerissen. Die Fläche blieb seither ungenutzt und diente zeitweise als Lagerraum für Baumaterialien. Heute wartet das Grundstück auf eine erneute Bebauung.

 

Nicht nur die Familie Ziedrich im Ort hatte ihre Geschichten – auch Wilhelm Ziedrich war eine prägende Figur.  Von 1894 bis 1910 war er Bürgermeister und Gemeindevorsteher in Rangsdorf – ein Mann, der seine Gemeinde gut kannte und prägte. Seine Amtszeit fiel in eine spannende Zeit: Das Bürgerliche Gesetzbuch trat 1900 in Kraft, und die Welt begann sich rasant zu verändern.  Der Kossät Ziedrich übernahm die Funktion von Friedrich Lieke I und gab sie später an Otto Henning weiter. 

 

Doch Wilhelm war nicht nur Politiker; er war Zeuge eines technischen Fortschritts sondergleichen. Bereits ab 1901 wurden auf der Strecke zwischen Marienfelde und Zossen Versuche mit elektrischen Fahrzeugen unternommen – ein echtes Pionierprojekt! Die Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen (St. E. S.), an der Größen wie AEG und Siemens & Halske beteiligt waren, testete auf einer 33 Kilometer langen Strecke mit 10 kV Drehstrom bei 50 Hz. Unglaubliches geschah:  Am 28. Oktober 1903 stellte schließlich ein Drehstrom-Versuchstriebwagen der AEG mit einer Geschwindigkeit von 210,2 km/h einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord auf, der 25 Jahre lang Bestand hatte.

 

Im Jahr 1906 wurden umfangreiche Planungen für die Entwicklung Rangsdorfs gemacht: Es war vorgesehen, südlich der Seebadallee sowie östlich der Bahnlinie bis zum Grenzweg Wohnbebauungen zu errichten. Warum diese Pläne letztlich nicht weiterverfolgt wurden, ist bis heute ungeklärt.

 

Und während all diese Innovationen stattfanden, wusste Gastwirt Hermann Ziedrich sein Lokal als das „älteste am Platze“ zu präsentieren – eine Oase für Genießer mit gutbürgerlicher Küche sowie gepflegten Bieren, Weinen und Likören.

 

Stefan Rothen

 

© Foto: Privatarchiv Rothen